Montag, 19. August 2013

Der Vogel im Käfig ~ Kurzgeschichte

Der Vogel im Käfig!

Der Tag neigte sich dem Ende zu. Die Sonne verschwand hinter den Bergen und die Vögel zogen sich in ihre Nester zurück. Sehnsüchtig betrachtete er die untergehende Sonne, durch das kleine Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen verschwanden und ließen ihn im dunkeln zurück. Langsam und zögerlich bahnte sich das Licht der Sterne ihren Weg nach draußen. Die Augen noch immer starr nach draußen gerichtet, spürte das kleine Geschöpf die immer größer werdende Sehnsucht in sich. Wie gern würde er es seinen Artgenossen gleich tun und nun auch zurück zu seinem Nest fliegen, wo möglicherweise seine Familie auf ihn warten würde. Stattdessen saß er hier auf diesem kleinen Stöckchen, dass wohl einen Ast darstellen sollte und sah aus dem Fenster. Die Sicht getrübt von den Gitterstäben die in im inneren des Käfigs hielten. Während er so nach draußen sah, erinnerte er sich an eine fröhlichere Zeit. An eine Zeit als auch er morgens sein Nest verlassen hatten mittags die Sonne auf seinem Gefieder gespürt hatte und abends sich wieder zurück gezogen hatte um am nächsten Tag die Welt wieder mit seinem fröhlichen Gesang zu verzaubern. Seine hohen, klaren Klänge hatte den Rest der Welt zum Schweigen gebracht, hatte die Geschöpfe der Natur zum stehen bleiben bewegt um der lieblichen Melodie zu lauschen. Doch eines Tages, als er zu tief auf einem Ast gesessen hatte um ein neues Lied anzustimmen, war eine Katze heran geschlichen. Er hatte die Flügel ausgebreitet um zu ihren Fängen zu entfliehen, doch die Katze war schneller gewesen. Mit einem gekonnten Schlag hatte sie ihm den linken Flügel gebrochen. Sein Herr, wie der kleine ihn gedanklich nannte, hatte ihn gerettet. Sich vor die Katze gestellt und den kleinen Vogel in seine großen, starken Hände genommen. Ihn verbunden und ihm beruhigend zugeflüstert, dass alles wieder gut werden würde. Dann hatte er ihn hierher gebracht. Die Tage waren verstrichen und der Flügel verheilte. Bis er wieder völlig Gesund war. Doch mit der Zeit hatte sein Herr ihn ins Herz geschlossen. Ihn wieder gehen zu lassen, daran mochte er gar nicht denken. Doch dafür saß das kleine Vöglein nun ihn diesem Käfig fest. Er hatte keine Chance die Flügel zu spreizen und sich in den Himmel zu Schwingen, er hatte auch keine Chance sich selbst zu ernähren, geschweige denn eine Familie zu gründen. Er war einsam. Durch seine Gefangenschaft hatte die Natur einen seiner besten Sänger verloren. Noch heute nach einem knappen Jahr kommen Mensch und Tier zu seinem alten Lieblings Baum um nach ihm zu sehen, um zu hoffen, das der kleine durch ein Wunder wieder für sie singt. Das er wiedergekehrt ist. Doch der kleine hatte seine Freiheit verloren. Selbst wenn er noch so gewillt war, zu entfliehen, zurück zu kehren. Er konnte es nicht. Es war ihm unmöglich. Er war seinem Herrn dankbar für die Rettung. Ja, er würde ihm Ewig dankbar sein, doch nach etlichen Tagen in diesem kleinen Käfig wollte er erneut gerettet werden. Traurig lauschte er den Klängen der Nacht und schloss die Augen. Er vergrub das Gesicht in seinem Gefieder. Eine weitere Nacht in diesem viel zu kleinen Käfig, diesem stickigen Haus. Als gefangener. Rette mich, dachte er hoffnungslos. Hohl mich hier raus. 
Sein Gebet sollte schon bald darauf erhört werden. 

Der Tag versprach sonnig zu werden. Warm. Sein Herr polterte laut die Treppe hinab und der kleine Vogel schrak zusammen. Obwohl ihm dieses Geräusch schon lange nicht mehr stören sollte, schreckte er dennoch sogar nach einem Jahr jedesmal wieder zusammen. Sein Herr öffnete vorsichtig die Käfigtür und füllte seinen Fressnapf nach und wechselte das Wasser. Dann Schloss er die Tür wieder und warf einen prüfenden Blick hinein. „Dein Gefieder ist so stumpf. Es hat jeglichen Glanz verloren. Du wirst mir doch nicht Krank werden, kleiner?“ hörte er die Stimme seines Herrn. Ausdruckslos starrte es ihn an. „Ich bin kurz etwas Einkaufen hörst du?,“ rief er durchs Haus. „,Lass den Vogel in ruhe ja?“ „Ja, Papa das sagst du immer.“ ertönte eine kindliche Stimme vom oberen Stockwerk. Seine Brut. Sie war ihm noch nie nahe gekommen. Sein Herr erlaubte es ihm nicht. Der kleine fragte sich, wo er wohl sein Weibchen hatte. Das hatte er noch nie gesehen. Merkwürdig. Die Tür fiel ins Schloss. Jemand (vermutlich sein Nachwuchs) polterte die Treppe hinab. Dann war es wieder still im Haus. 
Moment mal! War da gerade ein Schatten gewesen? Ängstlich stieß er einen kleinen Pieps laut aus. Hoffentlich war die Nachbarkatze nicht ins Haus gelangt. Plötzlich tauchte ein Kindergesicht vor ihm auf. Es war sein Nachwuchs. Schließlich hatte der kleine Vogel es schon öfters von weiten gesehen. Es sah ihn mit großen Augen an und streckte dann langsam die Hand aus. Es öffnete die Tür und hob den kleinen Vogel hoch und legte ihn auf seine Handfläche. Dann verschloss es die Hand, indem es die andere darauf legte. Er sah nichts mehr. Dunkelheit umfasste ihn. Dennoch hörte er die Schritte des Kindes. Dann drang frische Luft durch die kleinen Luftlöcher der beiden Hände. Frische Luft. Wie er die vermisst hatte. Das Kind hob seine obere Hand und der Vogel konnte wieder sehen. Er blinzelte als die Sonne ihn blendete. „Nun flieg schon. Mein Vater hat dich vielleicht gerettet, aber er hatte kein Recht dazu dich gefangen zu halten. Vögel gehören doch in die Freiheit. Sie müssen doch fliegen und singen und glücklich sein. Ich habe gesehen was mit dir passiert ist. Mein Vater sah es nicht. Er kann manchmal echt stur sein. Jetzt flieg. Genieße deine Freiheit. Rasch bevor mein Daddy zurück kehrt.“ quietschte das Kind vergnügt. Vor lauter glück breitete der kleine Vogel seine Flügel aus und schwang sich in die Luft. Nichts hatte er verlernt. Das fliegen verlernte man nicht. Fröhlich zwitscherte er und flog dann immer höher. Er schwang sich in den Himmel. Den Wolken entgegen. Seinem Retter ewig dankbar. 

Der Vogel sitzt hoch oben im Geäst seines Lieblings Baumes. Unter ihm haben sich Rehe, Hasen und sogar ein paar Füchse versammelt. Sie lauschen seinem Gesang und sind glücklich. Genau wie das kleine Vöglein. Die Sonne geht langsam unter. Es wird Zeit sich auf den Heimweg zu machen. Schnell fliegt der kleine Vogel zurück zu seinem Baum, wo seine Familie auf ihn wartet. Es ist der Baum im Garten seiner beiden Retter. Aufgeregt piepsen seine Vogel Kinder durcheinander als sie ihren Vater eintreffen sehen. Er lässt sich im Nest nieder und wirft einen Blick auf das Haus. Die Nacht schleicht heran. Er stimmt das letzte Lied des Tages an und als er endet widmet er sich ganz seiner selbst ernannten Aufgabe. Er hält Wache. Er bewacht und behütet seine Kinder und seine alte Familie. Seine Retter. 

Hier die versprochene Kurzgeschichte zum Vogel im Käfig. Hoffe sie ist nicht zu kurz geraten. :)
Ellen

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